Aus aktuellem Anlass: Stand zur Grundsteuerreform

Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat seinen Kollegen einen Entwurf zur Grundsteuer-Reform vorgelegt. Dieser Entwurf sollte gegen Ende April vom Kabinett verabschiedet werden und bis zum Jahresende vom Bundesrat und Bundestag gebilligt werden.

Nun ist bekannt geworden, dass der Termin wohl nicht zuhalten ist und eine tiefergreifende Prüfung der beiden vorliegenden Modelle vorgenommen werden soll.
Ein Urteil des BVerfG vom 10.04.21018 macht bis zum 31.12.2019 die Neuregelung der Grundsteuer nötig. Nach Verkündung der Neuregelung dürfen die beanstandeten Regelungen aber nach derzeitigem Stand noch bis zum 31.12.2024 angewandt werden.

Das von Finanzminister Scholz vorgestellte Modell soll bürgerfreundlich sein und mit wenig bürokratischen Aufwand umgesetzt werden können.
Die Erhebung der Grundsteuer ist Ländersache und kommt den Gemeinden zugute. Das Steueraufkommen liegt bei. ca. 14 Mrd. €. Auch die Abschaffung dieser Steuer stand am Anfang der Diskussion zum Thema, Bundesländer wie Bayern die nicht vom Länderausgleich betroffen sind, könnten auf diese Steuereinnahmen auch verzichten. In anderen Bundesländern sind diese Einnahmen aber eine wichtigere Einnahmequelle.

Das vom Finanzminister vorgestellte Modell ist das Wertabhängige Modell (WAM) das sich bereits seit 2010 in der politischen Diskussion befindet.
Das Wertabhängige Modell sieht eine Grundsteuer vor, deren Bemessungsgrundlage sowohl Grund als auch Gebäude einschließt.
Dabei sollen die Vermögensarten Land- und Forstwirtschaftliches Vermögen und Grundvermögen beibehalten werden. Zudem sollen die Feststellungsarten beibehalten werden, die Hauptfeststellung und die Hauptfeststellungsturnus von 7 Jahren.

Dafür müssten aber nach unserem Dafürhalten die derzeit angewandten Bewertungsverfahren umfassend neu erarbeitet werden.
Das Ertragswertverfahren wäre dann das in Hauptsache angewandte Verfahren und das Sachwertverfahren würde nur in Einzelfällen zur Anwendung kommen.
Und genau da stellt sich die Frage wie der Bundesfinanzminister Olaf Scholz dies bürgerfreundlich und mit wenig bürokratischen Aufwand umsetzen will.
In dem Verfahren würden eine Reihe von externen Daten erforderlich die völlig unterschiedlich ermittelt werden und deren Datengrundlagen in vielen Bundesländern unzureichend erhoben werden.
Die Ermittlung der Grundstücksfläche ist einfach und birgt kaum Fehlerquellen.

Die Ermittlung des Bodenrichtwertes ist laut Baugesetzbuch Aufgabe der Gutachterausschüsse. Und da liegt wohl auch jetzt schon die größte Ungenauigkeit. Die meisten Gutachterausschüsse sind personell unterbesetzt und mit der bundesweit völlig unterschiedlich geregelte Struktur und Anzahl der Gutachterausschüsse ist eine Verbesserung der Daten zum Bodenrichtwert mittelfristig nicht zu erwarten. Längst nicht sind in allen Bundesländern die dringend benötigten Bodenrichtwertzonen gebildet worden. Vielmehr werden gerne mal Bodenrichtwertzonen ohne einer regelmäßigen Prüfung im Ermessen der Ausschüsse zusammengelegt.

Die Auswertung der Kaufpreisfälle braucht mehr Qualität um bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte mehr Genauigkeit zu erlangen. Dies wird sicherlich noch Jahre in Anspruch nehmen.
Der im Nachgang zu einem Verkaufsfall an die Alteigentümer verschickte Erhebungsboden erfreut sich einer geringen Rücklaufquote und ist stark fehlerbehaftet.
Hier gibt es auch im Hinblick auf das derzeit in Bayern angewandt und ebenso in der Diskussion befindliche Wertunabhängige Modell (WUM) noch Handlungsbedarf bei den zuständigen Behörden.
Aufgrund der personellen Unterbesetzungen werden auch nur sehr wenige Ortstermine zur Prüfung des Erhebungsbogens durchgeführt.

Beim Wertabhängigen Modell würde dann im Ertragswertverfahren noch die Miete oder Listenmiete hinzukommen. Auch hierzu liegt in kleineren Städten und Gemeinden kaum belastbares Material vor.
Der Bürger soll beim Wertabhängigen Modell bei seiner Steuererklärung eine Reihe von Fragen beantworten und Datenmaterial liefern.
Auch das Baujahr soll in die Bemessung mit einfließen, aber nur Baujahre ab 1964 (Stand April 2019), eine Regelung zu Denkmalschutzobjekten oder Sonderimmobilien ist nicht vorgesehen.
Derartige Unterscheidungen lassen ein Massenverfahren wie die Erhebung der Grundsteuer ohnehin nicht zu.

So ist für eine faire Bemessung in erster Linie eine fundierte Datengrundlage nötig um die Reform der Grundsteuer langfristig neu Auszurichten.
Das von Bayern präferierte Wertunabhängige Modell (WUM) ist in der Tagespresse als unsozial kritisiert worden. Es ist aber in der Sache leichter mit wenigen Parametern solide Daten zu ermitteln. Zudem ist eine solche Ermittlung leicht zu administrieren und physikalische Daten als Grundlagenermittlung sind weniger fehleranfällig.
Bodenrichtwerte kommen aus nach der Lage definierten Bodenrichtwertzone.

Der Grund und Boden wird in diesem Modell mit einer festen Äquivalenzzahl (gesetzlich festgelegten) multipliziert werden und bei den Gebäuden wird eine Bruttogrundfläche (aufgeteilt in Wohnen und Nichtwohnen) mit festen Äquivalenzzahl multipliziert werden. Die Summe ergibt dann die Bemessungsgrundlage.
Allerdings stellt das Wertunabhängige Modell (WUM) einen Paradigmenwechsel dar, und wirft die Frage auf, ob dies Verfassungsfest ist. Die Steuer muss nämlich einen Rechtfertigungsgrund haben.
Es ist derzeit noch ungewiss wie das politische Tauziehen um die beiden in der Diskussion befindlichen Verfahren zur zukünftigen Bemessung der Grundsteuer ausgehen wird, auch deshalb weil der Bundesrat einer Neuregelung zustimmen muss, die Regierungsparteien hier keine Mehrheit haben und auf die Stimmen der Länder angewiesen sind.

Denkbar wäre auch das Bundesfinanzministerium erstellt ein Rahmengesetz und die Länder können ein Wertemodell „modifizieren“. Da die Länderstrukturen in der baulichen Entwicklung und der Nutzung von Grund und Boden aufgrund von Historie und geographischer Lage ganz unterschiedlich sind könnte eine länderspezifische Wahl des Bewertungsverfahrens den Steuerzahlen möglicherweise am besten gerecht werden. Auch deshalb weil bei Ermittlung der Bodenrichtwert(zonen) die Lageparameter einfließen können und von den Gutachterausschüssen dem Bürger transparent gemacht werden könnten. Das Wertunabhängige Modell (WUM) kann sozial gerecht gestaltet und unbürokratisch durchgeführt werden.

Aufgrund des Äquivalenzmodells der Grundsteuer sind sowohl Mieter als auch Eigentümer einer Immobilie von der Grundsteuer betroffen. Das Wesen der Grundsteuer beinhaltet, dass die Steuer von demjenigen bezahlt wird der den Nutzen hat. Daran soll sich bei den beiden in der Diskussion befindlichen Modellen auch in Zukunft nichts ändern. Denn eine solche Änderung würde die Erhebung der Grundsteuer generell in Frage stellen. Es ist daher reine Effekthascherei der Politiker von einer Entlastung der Mieter zu sprechen.